Dem Mulles seng Rubrik: 1994-1995: Die Saison der Tragödien und der Erfolgsserie gegen Favoriten


24 July 2020

Wohl selten hatten die Verantwortlichen von Wiltz 71 ein so glückliches Händchen: Sie verpflichteten mit David Malannée (Andenne/B) den Torhüter , der insgesamt 202 Meisterschaftsspiele absolvieren sollte, und mit Franco Iovino (Libramont/B), den Angreifer,  der mit 81 Treffern die „ewige“ Wiltzer Torschützenliste in der Nationaldivision seit mehr als zwei Jahrzehnten anführt.   

 

Das 1988 eingeführte Play-off-System war abgeschafft. Die Saison 1994-1995 begann wunschgemäß mit einem Sieg in Petingen und einem Unentschieden gegen Union Luxemburg. Danach überschlugen sich jedoch die Ereignisse. Innerhalb kürzester Zeit verloren wir durch tödliche Verkehrsunfälle Alain Reuter, Antoine Smit und Tom Weber, drei junge Spieler, drei unserer größten Nachwuchstalente, die der FC Wiltz 71 nie vergessen wird. 

 

Nach Misserfolgen in Hesperingen und gegen Grevenmacher kam es am 5. Spieltag  zum absolut sportlichen und moralischen Tiefpunkt mit einer 2:6-Niederlage bei den Differdinger Red Boys. Eine Stunde lang in Unterzahl und mit einem Feldspieler (Marc Baus) im Tor, galt es, den Schaden in Grenzen zu halten. Mit David Malannée verfügte man zu Saisonanfang nur über einen etatmäßigen Schlussmann, da Patrick Billo aufgehört hatte und Serge Lutgen nach Medernach gewechselt war. Man verpflichtete mit dem 33-jährigen Prosper N’Kounkou einen früheren kongolesischen Nationaltorwart. Dessen Feuertaufe stand in Differdingen an – weil Malannée erkrankt war – … und   dauerte 30 Minuten. Infolge eines Handspiels außerhalb des Strafraums wurde er vom Platz gestellt. Mit nur drei Punkten lag Wiltz 71 am Tabellenende zusammen mit Hesperingen, Petingen und Wormeldingen. 

 

Danach begann eine der schönsten Episoden in unserer Vereinsgeschichte. Nachdem man gegen Spora remis gespielt und Aris auswärts mit 3:2 besiegt hatte, wurden nacheinander die Meisterschaftsanwärter Düdelingen (2:1), Jeunesse (1:0) und Beggen (4:2) in der „Géitzt“ besiegt.

 

Die Begegnung gegen die „Wichtelcher“ war an Dramatik nicht zu übertreffen. Beggen ging vor der Pause zweimal in Führung. Marc Gira und Pascal Pantusa konnten jeweils ausgleichen. In der 73.‘ gelang François Toex der Treffer zum 3:2. Vor 630 Zuschauern bekamen die Gäste in der Nachspielzeit einen Elfmeter zugesprochen. Torhüter David Malannée wehrte bravourös ab. Im Gegenzug bediente François Toex Ex-Nationalspieler 

Théo Malget, der zum 4:2 gegen seine ehemaligen Vereinskameraden traf, und es nach dem Schlusspfiff  im LW-Interview wohl treffender nicht ausdrücken konnte: „Heute haben die Zuschauer alles erlebt, was Fußball so schön machen kann.“ 

 

Die Euphorie war unbeschreiblich. Nach den elf Begegnungen der Hinrunde  belegte man den 5. Tabellenplatz mit 13 Punkten. Auch wenn es in der 2. Meisterschaftshälfte nicht immer nach Wunsch lief, so erreichte man unter dem Trainertandem Grosjean-Pauly das bis dahin beste Klassement in der Abschlusstabelle. Mit 22 Punkten belegte man den 6. Rang, punktegleich mit dem Tabellenfünften Union Luxemburg, der das bessere Torverhältnis besaß. Ganz gut verkaufte man sich in Düdelingen (1:1) und Beggen (0:0).  

 

Alle 22 Partien der Landesmeisterschaft 1994-1995 bestritten: Luc Melchior, Marc Grosjean, Marc Gira und Marc Baus. Fünf  Spieler fehlten nur einmal: David Malannée, Bernd Krajczy, Claude Kandels, Pascal Pantusa und Franco Iovino. Zum engeren Gerippe der Mannschaft gehörten François Toex, Théo Malget und Joao Pereira, die mit Verletzungen zu kämpfen hatten. Das Trainertandem griff auch noch zurück auf Joé Matgen, Pierre Grisius, Pierre Toex, Luis Monteiro, Samir Kalabic und Marc Hilger. Der im September 1994 tödlich verunglückte Antoine Smit gehörte vier Mal dem Startaufgebot an. 

 

Sieben Spieler sorgten für die 36 Wiltzer Tore: Franco Iovino (8), Bernd Krajczy und Théo Malget (je 7), François Toex und Marc Gira (je 5), Pascal Pantusa (3) und Joao Pereira (1). 

 

Lange Zeit sah es aus, als könnten die Senioren II um den Titel mitspielen, ehe zum Schluss die Leistungskurve nach unten zeigte. Nichtsdestotrotz bedeutet der 4. Platz auf Landesebene das beste Resultat, das eine Wiltzer Reservemannschaft bis heute zu verzeichnen hat.